Kommunikation, Körpersprache | 24. Februar 2015

Grundlagen Körpersprache – der erste Händedruck

Durch einen Händedruck können wir viel über Körpersprache, über uns, das Gegenüber und unsere soziale Beziehung erfahren. In diesem Blog vermittle ich anhand einer Handshake-Übung aus meinen Trainings einen Teil der „Grundlagen Körpersprache“.

Erinnern Sie sich bitte an den vergangenen Tag. Wem haben Sie im Laufe des Tages die Hand gegeben? Ist Ihnen ein Händedruck im Gedächtnis geblieben? Welche Qualität hatte der Händedruck? Wie haben Sie sich gefühlt dabei? Was haben Sie über die Person gedacht, die Sie so begrüßte?

Der Händedruck findet oft fast unbewusst statt, und doch erreichen uns die darin enthaltenen Botschaften und fließen in unsere Einstellung zur Situation und zur sozialen Beziehung ein. Welche Grundtypen des Händedrucks gibt es, und welche Botschaften sind darin enthalten?

Der schlaffe Fisch
Sie ergreifen die Hand Ihres Gegenübers und halten nur ein kraftlos-weiches Fingerbündel in der Hand, das Sie ein wenig schütteln. Was fühlen Sie in diesem Moment? Eventuell ist es Ihnen unangenehm, keinen Gegendruck zu spüren. Eventuell haben Sie Angst, dem anderen wehzutun. Was denken Sie intuitiv über die Person, die Sie so begrüßt? In Trainings spiegeln mir die Teilnehmer, dass dieser Händedruck zu folgenden Bewertungen verleitet:

“Die Person bringt sich nicht ein, will sich nicht zeigen.”

“Die Person hat kein Rückgrat.”

“Die Person respektiert mich nicht.”

All das fühlen wir intuitiv, ohne es meist klar zu denken. Dabei ist es  wichtig, dass unsere Mutmaßungen über eine Person auf Grund eines Händedrucks nicht zwingend bedeuten, dass diese Person tatsächlich so ist. Viel wichtiger ist, dass wir dies denken und fühlen, unabhängig von der Person. Und damit hat es für uns – oder umgekehrt unser Gegenüber – eine große Bedeutung.[1] Eine zweite Botschaft ist, dass Innen- und Außenwelt verzahnt sind, dass wir unser Inneres im Außen zeigen und andere dies auch spüren können. Wir können uns also im Zusammenhang mit Körpersprache unserem Innenleben zuwenden und hier mit der Arbeit beginnen. Welchen Wert gebe ich mir, meiner Botschaft? Welchen Wert gebe ich anderen? Siehe hierzu Kapitel # Innere Stärke.

Das Förmchen
Sie schütteln sich die Hände, und Ihr Gegenüber ergreift zwar normal kraftvoll Ihre Hand, aber die Hand bleibt etwas steif und so gekrümmt, dass die Handflächen sich nicht berühren. Was fühlen Sie in diesem Moment? Vielleicht fehlt Ihnen Sympathie, Entspanntheit und Nähe. Was mutmaßen Sie intuitiv Sie über diese Person? Teilnehmer haben folgende Antworten zurückgespiegelt:

“Die Person hält etwas zurück oder ist angespannt.”

“Die Person ist schüchtern und möchte sich nicht zeigen.”

aber auch:

“Ein eher formaler, nicht so persönlicher Händedruck.”

An diesem Händedruck zeigt sich, dass unsere körperlichen Botschaften symbolischen Charakter erhalten können. Im Falle der Hand scheint die Handinnenfläche der “intimste” Teil der Hand zu sein. Wenn dieser Teil nicht in Kontakt ist, scheinen wir etwas zurückzuhalten, scheinen wir nicht ganz in Kontakt gehen zu wollen. Tatsächlich fühlt sich ein Händedruck, indem wir ganz in Fühlung mit der Handinnenfläche gehen, viel intimer an. Hier bieten sich also Möglichkeiten der Nuancierung an. Und die zweite Botschaft: Je nach Situation kann eine körpersprachliche Botschaft eine unterschiedliche Aussage haben. Was in einer privaten Begegnung als unentspannt und distanziert wahrgenommen wird, könnte in einem Arbeitskontext als formell korrekt und höflich verstanden werden.
Der kräftige Händedruck
Den haben wir alle schon bekommen. Mal so stark, das wir fast schreien wollten, manchmal einfach kräftig und beherzt. Welche Gefühle verbinden sich mit einem kräftigen Händedruck? Aua, das tut weh! oder “Ich fühle mich nicht gesehen und dominiert!” Welche intuitiven Bewertungen verbinden sich mit einem kräftigen Händedruck?

“Die Person ist dominant und will die Begegnung bestimmen.”

“Die Person tut mir weh und nimmt mich und meine Bedürfnisse nicht wahr.”

aber auch:

“Aha, da ist jemand, mit dem ich rechnen muss.”

“Die Person möchte wirklich mit mir in Kontakt gehen, die interessiert sich für mich.”

“Die Person ist wirklich da, auf die kann ich bauen.”

Grundlegend lässt sich festhalten, dass ein kräftiger Händedruck durchaus positiv ist. Das Entscheidende ist aber die Sensibilität für das Gegenüber. Wenn wir unsere Kraft nicht auf die körperliche Konstitution und momentane Verfassung des Gegenübers einstellen, drohen wir, dem anderen Schmerzen zuzufügen. Hier zeigt sich ein weiteres wichtiges Element der Körpersprache. Durch Körpersprache stellen wir dar, dass wir uns gegenseitig wahrnehmen und respektieren – ob wir übereinstimmen oder nicht übereinstimmen. Durch die von unseren Körpern gesendeten Signale stellen wir in einem Geben und Nehmen einen bestätigenden Informationsfluss her, der sich auf die Gesprächsatmosphäre überträgt. In diesem Falle fühle ich mich gesehen, wenn der Händedruck kräftig und präsent, aber auf meine Hand und Kraft abgestimmt ist. Ich kann mit Vertrauen in diese Begegnung gehen, da ich schon ein Gefühl dafür habe, dass zwischen uns Verstehen stattfinden kann.

Varianten dieses Händedrucks sind der Händedruck im Schwung nach oben oder mit Zug nach unten: Eine Person ist viel aktiver, reißt quasi die Hand des anderen mit und schüttelt sie, der Partner wird unfreiwillig zum passiven Objekt des Händedrucks des anderen.

Der Händedruck im Vorbeigehen
Sie sind in einer Gruppe unterwegs und treffen eine weitere Person. Die begrüßt Sie auch knapp per flüchtigem Händedruck, ist aber in Blick, Körperachse und Gespräch während des Händedrucks nicht bei Ihnen – evtl. bereits bei einer anderen Person. Was fühlen Sie dabei? Sie fühlen sich nicht gesehen und nicht wertgeschätzt. Was denken Sie intuitiv über die andere Person? Teilnehmer haben hier eine klare Botschaft:

Gehen Blick und Aufmerksamkeit schon zu einer anderen Person:

“Diese Person ist arrogant.”

“Diese Person ist unsensibel.”

“Diese Person mag mich nicht.”

“Diese Person hält mich für unwichtig.”

Geht der Blick nur woandershin, ohne konkretes Ziel:

“Diese Person ist seltsam, ein wenig verrückt.”

“Diese Person hat Angst, mir zu begegnen.”

Die heftigen Reaktionen zeigen, dass hier zwei weitere wichtige Elemente der Körpersprache hier wirksam werden: die körperliche Zuwendung und der Blick. Die körpersprachliche Botschaft ist ein Zusammenspiel dieser Elemente. Der Blick ist dabei deutlicher Zeiger für unseren Willen und unsere Fähigkeit, mit dem Gegenüber auf menschlicher Ebene in Kontakt zu gehen. Weichen wir dem Blick aus – aus mangelndem Interesse oder aus Angst vor zu viel Nähe – fehlt die grundlegende Basis für einen respektvollen, dialogischen menschlichen Kontakt. Hier kommt zum Tragen, welche Bilder wir über uns, unser Gegenüber, unsere Botschaft und deren Relevanz für andere in uns tragen. Das ist ein Bereich, in dem wir von innen heraus an unserer Körpersprache arbeiten können. Erst wenn wir mit uns und unserer Botschaft freien Herzens auf die Menschen zugehen können, sind wir auch fähig, wirklich in Kontakt zu gehen. Die Zuwendung des Körpers wirkt auf einer anderen Ebene – ich nenne diese Ebene das Gesprächsobjekt. Unserer Körperausrichtung, aber auch die Öffnung von Brust und Blick bilden eine Art Radius, damit schließen wir Personen, aber auch tatsächlich Raum in das Objekt ein, an das wir uns intentionell wenden in Wahrnehmung und Ansprache.
Der paternalistische Händedruck
Jemand, den Sie nicht intimer kennen, drückt Ihnen die Hand fest und freundlich, kommt Ihnen aber auch seitlich näher und legt ihnen die Hand auf den Oberarm, während sie oder er spricht. Was fühlen Sie dabei? Eventuell ist Ihnen das zu nah, zu viel Kontakt. (Wenn Sie sich als die Person Ihre Oma vorstellen, kann es sich auch nah und herzlich anfühlen.) Was denken Sie intuitiv über die Person?

“Diese Person will mich dominieren, sie überschreitet meine Grenzen.”

“Diese Person sucht auf aufdringliche Weise nach Körperkontakt.”

Der paternalistische Händedruck weist auf zwei weitere Bedeutungsebenen von Körpersprache hin. Erstens gibt es ein Normalverhalten, eine gesellschaftliche Norm, an der wir das Verhalten der anderen messen. Diese Norm bezieht sich auch auf den Raum, den wir um uns haben. Je nach Situation ist dieser Sicherheitsabstand um uns größer oder kleiner – er errechnet sich mehr oder weniger, indem man die verfügbare Fläche durch die anwesenden Personen teilt. Weichen Personen von dieser Normalverteilung ab und kommen uns näher oder meiden uns übermäßig, nehmen wir das wahr. Solange wir aber nicht auf einem Rockkonzert oder in der vollgedrängten U-Bahn stehen, ist Körperkontakt eine starke Überschreitung der Normaldistanz. Zweitens kann Körpersprache genutzt werden, um psychologisch-sozial Druck auszuüben. Nicht ohne Grund ist uns der paternalistische Händedruck meist von Respektpersonen und Vorgesetzten bekannt. Er suggeriert Vertrautheit, da diese aber faktisch gar nicht gegeben ist, ist die unterschwellige Botschaft eine andere: Wenn du zulässt, dass ich dir derart nahetrete, dann wirst du auch akzeptieren, was ich von dir möchte. In dem wir auf der körpersprachlichen Ebene nachgeben, signalisieren wir, dass wir nicht in Konfrontation gehen. So klären sich territoriale und hierarchische Fragen bereits, bevor wir die ersten inhaltlich-sachlichen Worte gesprochen haben.

Falsch oder Richtig? Ist Körpersprache ein Analyse-Werkzeug?
Nun haben wir auf verschiedene Weise betrachtet, wie man sich “falsch” die Hand geben kann. Ist es wirklich falsch? Nein, falsch gibt es nicht. Ein Händedruck und jede körpersprachliche Botschaft ist immer nur eine Momentaufnahme, näher an einer Emotion als an einem Gesetz. Weil Körpersprache nur halb bewusst ist, ist sie flüchtig, aber auch voller Ehrlichkeit. Wir sollten körpersprachliche Botschaften als Zeiger sehen, als Momentaufnahmen, die uns Handlungswege aufzeigen. Auf keinen Fall möchte ich dazu anregen, Körpersprache als hartes “Analyse-Werkzeug” zu verwenden, um in Stein gemeißelte Urteile über Personen oder Sozialbeziehungen zu fällen. Ich formuliere es so: Körpersprache kann uns Hinweise geben, wo in einem sozialen System Potenziale für Wachstum und für Heilung sind. Indem wir bewusster dafür werden, was wir selbst und andere fühlen und denken, können wir lernen, achtsamer mit uns und mit anderen umzugehen. Körpersprache ist eine Art vorgeschaltete Kommunikation, die das große Potenzial bietet, als Vorsorgeprinzip Konflikte und Erschöpfung im sozialen Miteinander zu erkennen, zu vermeiden und so nachhaltig mit den eigenen Ressourcen und den Ressourcen einer Organisation umzugehen.

Der neutrale Händedruck
Ich möchte dieses Kapitel mit etwas Positivem abschließen – mit einer Anleitung, wie Sie einen neutralen, wertschätzenden Händedruck gestalten können. Dazu sollten Sie sich mit einem Partner voreinander stellen, so dass bei angewinkeltem Arm sich die Fingerspitzen fast berühren. die Handfläche ist ganz geöffnet und leicht gespannt. Sie nehmen Blickkontakt auf, sprechen ein Hallo! Bewegen Sie nun die Hände aufeinander zu und lassen Sie die Hände solange ineinander gleiten, bis sie einen Kontakt am Spann zwischen Daumen und Zeigefinger fühlen. Dann greifen Sie zu und versuchen dabei, soviel Hand wie möglich zu fühlen, wirklich in Kontakt zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt findet auch die intensivste Begegnung im Blick statt. Dann schütteln Sie die Hand zwei, drei mal und lassen Sie wieder los. Was ist geschehen? In dieser kurzen Begegnung haben Sie eventuell drei Botschaften ausgetauscht:

Auf jeden Fall: “Ich werde mich an die sozialen Konventionen halten.”

Und auch: “Ich fühle mich gerade so (zu dir), du fühlst dich so (zu mir).”

Und vielleicht sogar: “Ich nehme dich wahr als fühlenden Menschen wie ich. Unser Austausch wird ein Geben und Nehmen sein.”

Hat Ihnen diese „Grundlagen Körpersprache“ Spaß gemacht? Sie finden das Thema faszinierend? Ja, das finde ich auch!

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Entdecken und Anwenden von Körpersprache im Alltag!

Copyright Daniel Unsöld 2015

(Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch, das ich gerade schreibe. Falls Sie für Ihre Zeitschrift einen Gastartikel wünschen, wenden Sie sich gerne an mich).

[1] An dieser Stelle der Hinweis, dass Körpersprache ein soziokulturelles und kein allgemeingültiges Phänomen ist. in Japan gelten in vielen Bereichen der Körpersprache vollkommen andere Regeln und Gesetze als in Deutschland. Schon innerhalb Deutschlands gibt es Unterschiede – so geben sich Ostdeutsche häufig mit gestrecktem Arm die Hand (was im Osten als frisch und angenehm empfunden wird, im Westen aber als steif und distanziert) und Westdeutsche eher mit angewinkeltem Arm (was im Westen als freundlich, zugewandt und im Osten eher als aufdringlich/ zu nah interpretiert wird). Körpersprachliche Codes können sich innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte verändern. Jugendkulturelle, religiöse oder politische Bewegungen, Werteveränderungen aber auch die Veränderung der Arbeitswelten durch neue Technologien stellen wichtige Einflussfaktoren dar.

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