Kommunikation, Körpersprache, Stimme&Sprechen | 17. März 2016

Manipulation – Die unbewussten Künste

Kürzlich gab ich mit meinem Kollegen Mark Young ein Training zu Storytelling und Präsentation in Budapest. In der Mittagspause stellt Mark mir die Frage, was denn eigentlich mein Verhältnis zu Manipulation sei? Würde ich nicht eigentlich Manipulation lehren? Ich dachte: Das stimmt, Körpersprache und Storytelling sind manipulativ…  -aber? Und schrieb diesen Blog!

Manipulation durch Storytelling

Geschichten haben die Kraft, uns in eine ganz bestimmte Sicht auf ein Thema mitzunehmen. Geschichten sind die eigene Biographie, Erlebnisse, Erzählungen, Witze, Gleichnisse, Nachrichten. Was diese Formen eint, ist, dass sie in uns ein ganz bestimmtes Rezeptionsverhalten wecken. Wir lassen uns gerne etwas erzählen! Denn das macht Spaß. Indem wir von der Erzähler_in auf eine Reise mitgenommen werden, machen wir gemeinsam Erfahrungen, wir durchleben schwierige Situationen, überkommen die Herausforderungen – wir erfahren Freude, Spannung, Leid und Glück – und lernen etwas daraus.

Die Magie dabei: Durch eine Geschichte können wir Werte und Entscheidungen nachvollziehen, die uns ansonsten vollkommen fremd wären! Selbst ein Tieraktivist wird wahrscheinlich nicht mit der Wimper zucken, wenn Rotkäppchen und die Oma aus dem Bauch des bösen Wolfs gerettet werden. Die Geschichte hat das Töten des Wolfs plausibel gemacht, den Wolf als ganz und gar böses Wesen dargestellt. Mitleid hat (in der klassischen Erzählung) keinen Raum. In diesem Beispiel wird die Gefahr deutlich: Geschichten manipulieren! Unser rationales Hirn schaltet ab, wir erleben mehr, als das wir reflektieren. Und unbewusst übernehmen wir die mit der Geschichte verbundenen Werte und Perspektiven auf das Leben. Und das hat wiederum, geschickt mit einem Thema verbunden, die Macht, uns für etwas einzunehmen, was uns vorher völlig abwegig erschien. Werbung lebt von dieser Einsicht.

Manipulation durch Körpersprache

Körpersprache funktioniert anders, aber ebenso wie Geschichten wirkt Körpersprache unbewusst darauf, wie wir eine Person in einem spezifischen Kontext sehen und einordnen. Einige Beispiele: In dem ich mich als Lehrer_in frei im Raum bewege, mich Störer_innen nähere, sende ich eine körpersprachliche Botschaft: „Seht her, ich habe keine Angst! Das ist mein Raum, ich fühle mich hier sicher und wohl. Und ihr Störer, passt bloß auf, ich scheue keine Konfrontation!“ Die Klasse wird auf diese Botschaft reagieren, nur Wenigen wird es bewusst, was eigentlich hier geschieht.

Suggestion – nicht nur Storytelling oder nur Körpersprache

Eine Gruppe durch Blick, Sprache und Bewegung im Bann zu halten wird oft als „Charisma“ abgetan – und doch ist Charisma nichts anderes als eine in Körpersprache umgesetzte Suggestion.

Suggestion ist ein Zwischenfeld zwischen Erzählen und Körpersprache. Große Redner_innen ziehen mühelos selbst große Menschenmengen in den Bann. Was meint dieser „Bann“? Meiner Ansicht nach wirken zwei mächtige suggestive Kräfte: Die Suggestion der Verbundenheit auf der einen Seite: „Ich kenne Euch, ich spreche für Euch, in Eurem Interesse.“ Die zweite Ebene ist die Dringlichkeit: „Was ich sage, ist von elementarer Bedeutung für Euch. Davon bin ich überzeugt.“ Indem ich mit meinem Körper, meinem Blick und meiner Emotionalität total eine derartige Situation vorgebe, „muss“ die Gruppe – in bestimmten Grenzen – folgen und ist „gebannt“. Erst wenn der Bogen deutlich überspannt wird, stellt sich Widerstand ein.

Manipulation für einen guten Zweck?

Ganz ehrlich: Ich bin von der manipulativen Kraft von Geschichten und Körpersprache überzeugt. Diese  Künste sind die „unbewussten Künste“ und damit per se für Manipulation geeignet. Auf der anderen Seite nutzen wir sie alle ständig – mehr oder weniger bewusst. Gerade deshalb ist es für mich entscheidend, für wen ich arbeite. Durch meine Trainings möchte ich erstens sozial engagierten Menschen die Möglichkeit geben, weniger empfänglich für Manipulationen zu sein. Und ich möchte sie zweitens dabei unterstützen, diese selbstverständlich auch ohne Trainer_innen ständig präsenten Kräfte im politischen Kontext für die Durchsetzung sozialer und ökologischer Belange zu nutzen.
Auf einer tieferen (oder naiveren) Ebene würde ich sagen, dass überall da, wo diese Kräfte mit dem Ziel von Frieden und Glück für alle ohne ein Verurteilen anderer eingesetzt werden, gerechtfertigt sind. Überall dort, wo Geschichten, Körpersprache und Suggestion dazu dienen, anderen zu schaden oder anderen ihre Würde und Einzigartigkeit zu nehmen – dort ist die dunkle Seite der Macht.

Trotzdem: Ein Gschmäckle bleibt. Denn manipulativ sind sie beide, ob dunkel, ob hell. Siehe Star Wars.

 

Bild: WWF Netherlands

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